Nachprüfen
Nach meiner Erfahrung neigen Insolvenzverwalter dazu, die ihnen übertragenen Verfahren nicht mit der gebotenen Wirtschaftlichkeit abzuwickeln. Das ist meines Erachtens auf folgende Gründe zurückzuführen:
- Insolvenzrecht ist eine Spezialmaterie, die nur noch von Experten beherrscht wird. Neben juristischem Fachwissen ist eine fundierte Kenntnis wirtschaftlicher Zusammenhänge erforderlich. Trotzdem werden immer noch viel zu oft Insolvenzverwalter bestellt, die nicht über die nötigen Fachkenntnisse oder ausreichend qualifizierte Mitarbeiter verfügen.
- Bei der Vergabe der Verfahren findet praktisch kein Preis- oder Qualitätswettbewerb statt. Über die Vergabe der Verfahren entscheidet der Richter. Ihm stehen als Informationsgrundlage in erster Linie die Gutachten und Berichte der Verwalter zu Verfügung. Die Vergütung des Verwalters ist gesetzlich geregelt. Der Wettbewerb konzentriert sich damit auf einen Wettbewerb um die Gunst des Richters und der übrigen Mitarbeiter am Insolvenzgericht. Die für die Gläubiger erzielten Ergebnisse werden oft nicht systematisch erfasst und spielen daher bei der Vergabe eine untergeordnete Rolle.
- Bei der Vergabe von Verfahren wird nicht geprüft, ob das Büro des Verwalters über ausreichende Kapazität verfügt, um dieses (zusätzliche) Verfahren mit der nötigen Sorgfalt zu bearbeiten. Gleichzeitig kann der Verwalter – wenn er laufend neue Verfahren bekommen will – schlecht ihm übertragene Verfahren ablehnen. Die Mitteilung an das Gericht, das Verfahren wegen Überlastung des Büros nicht annehmen zu können, hätte zur Folge, dass der Verwalter von diesem Gericht nicht mehr bestellt wird.
- Das Verfahren ist in einem hohen Maße intransparent. Der Verbleib von Vermögensgegenständen und die Ermittlung sogenannter Sonderaktiva kann oft nur durch den Verwalter in Zusammenarbeit mit dem Geschäftsführer und / oder auf Grundlage der Buchhaltung erfolgen. Auf diese Unterlagen und Daten kann gewöhnlich nur der Insolvenzverwalter zugreifen. Es liegt an ihm, in welchem Umfang er diese sichert und ob und welchen Teil er davon dem Insolvenzgericht und den Gläubigern im Verfahren zugänglich macht. Dem Insolvenzgericht stehen als Grundlage für die Überwachung in der Regel nur die Angaben im Insolvenzantrag und die Berichte des Insolvenzverwalters zur Verfügung. Einfache Insolvenzgläubiger haben kein Recht, die Akten des Insolvenzverwalters oder die Geschäftsunterlagen des Schuldners einzusehen (anders aber bei Mitgliedern eines Gläubigerausschusses).
- Die Überwachung des Insolvenzverwalters findet in der Praxis überwiegend durch die Gerichte statt. Diese sind personell und organisatorisch jedoch überwiegend nicht in der Lage, die Ergebnisse des Verwalters gerade im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit und die Sorgfalt der Verfahrensabwicklung präzise zu überwachen. Zudem haben sie in der Regel sehr eingeschränkten Zugriff auf Geschäftsunterlagen. Deren Prüfung ist den Insolvenzgerichten zeitlich und fachlich nicht möglich. Es handelt sich daher in erster Linie um eine Überwachung der Ordnungsmäßigkeit der Verfahrensabläufe.
- Das Vergütungssystem in der Insolvenzverwaltung setzt Fehlanreize bei der Realisierung von Vermögenswerten und Ansprüchen. Zugleich werden Zuschläge, die besondere Erschwernisse ausgleichen sollen, in überzogenem Maße geltend gemacht und genehmigt. Schließlich wird bei der Festsetzung der Vergütung häufig nicht ausreichend berücksichtigt, ob der Verwalter die ihm obliegenden Arbeiten selbst erledigt oder aber Dritte auf Kosten der Masse mit der Erledigung beauftragt hat.
- Um im Hinblick auf die Verfahrensergebnisse interessengerecht zu sein, müsste die Überwachung durch die Gläubiger erfolgen. Das Problem ist aber, dass die Kosten für die Teilnahme am Verfahren in vielen Fällen schon den damit verbundenen Nutzen übersteigen. Ganz abgesehen von den Kosten einer Überwachung.
Eigentlich sollte den Verwaltern eine – im Sinne der Gläubiger – wirtschaftliche Abwicklung auch selbst zu Gute kommen. Da sie aber kaum Sanktionen befürchten müssen und die Wirtschaftlichkeit bei der Festsetzung der Vergütung wenig Beachtung findet, haben sie nur einen geringen Anreiz, die Verfahren sorgfältig und zügig abzuwickeln. Um dennoch eine wirtschaftliche Abwicklung von Verfahren zu gewährleisten haben Gläubiger die Möglichkeit, Dritte mit entsprechenden Fachkenntnissen zu Gläubigerausschussmitgliedern zu wählen. Diese haben dann die Aufgabe, den Verwalter zu überwachen und zu unterstützen.
Anders als die von den Insolvenzgerichten beauftragten Schlussrechnungsprüfer wird ein Gläubigerausschuss bereits zu Beginn des Verfahrens tätig (muss also von Beginn an unterstützen, statt am Ende aufzuzählen, was man hätte besser machen können). Außerdem unterliegen die Mitglieder des Gläubigerausschusses im Falle von Pflichtverletzungen einer umfangreichen Haftung.
Gerade in den Verfahren, in denen geringe Quoten zu erwarten sind, weil es sich um kleine Betriebe handelt, die bis zum bitteren Ende weiter gemacht haben, können teils in erheblichem Umfang Anfechtungsansprüche realisiert werden. Das erhöht die Quoten deutlich. Auch durch einen effektiven Forderungseinzug und die Geltendmachung von Haftungsansprüchen gegenüber Geschäftsführern lassen sich teils gute Quoten für die Gläubiger realisieren. Häufig fehlt es den Insolvenzverwaltern aber an qualifiziertem Personal und den technischen Mitteln, um derartige Ansprüche systematisch zu ermitteln und durchzusetzen. Die Mitglieder des Gläubigerausschusses sind gesetzlich verpflichtet, den Insolvenzverwalter von Beginn an unterstützen und zu überwachen. Sie können den Insolvenzverwalter damit zu einer effektiven Verfahrensabwicklung anhalten und gegebenenfalls Unterstützung anbieten.
Auch die Ausgabenseite lässt sich im Insolvenzverfahren durch eine gezielte Überwachung im Auftrag der Gläubiger optimieren. Dabei geht es einerseits darum, dass der Insolvenzverwalter die Insolvenzmasse nicht mit unnötigen Ausgaben belastet und andererseits darum, die Vergütung des Insolvenzverwalters auf ein angemessenes Maß zu begrenzen. Letztere ist zwar gesetzlich geregelt, lässt sich aber bei „besonderen Erschwernissen“ durch Zuschläge erhöhen. Von dieser Möglichkeit machen die Insolvenzverwalter gerade auch wegen der fehlenden Überwachung durch die Gläubiger oft und umfangreich Gebrauch. Die Mitglieder des Gläubigerausschusses erhalten die Vergütungsanträge des Insolvenzverwalters regelmäßig zur Stellungnahme und können ggf. Rechtmittel gegen die Vergütungsbeschlüsse einlegen. Da den „normalen Gläubigern“ auch hier die Expertise häufig fehlt, bietet es sich an, Dritte als Gläubigerausschussmitglieder zu wählen.
Sollte sich durch meine Tätigkeit keine Erhöhung der verteilungsfähige Masse und keine Reduzierung der Masseverbindlichkeiten oder der Kosten des Verfahrens ergeben, verzichte ich – bei einer Wahl durch die Insolvenzgläubiger – auf die Vergütung.